Schlagwort: Vertrauen

Medienerziehung – Was brauchen Kinder?

Kinder und Medien

Die Initiative Schau hin hat zur Blogparade aufgerufen. Dieses Jahr zum Thema Medienerziehung in der eigenen Familie. Die Frage lautet: Vertrauen oder Kontrolle?

Lange bevor ich Vater wurde habe ich in einem kleinen Buchladen eine Postkarte gekauft. Auf ihr stand der Satz: „Ein Schiff im Hafen ist sicher, doch dafür werden Schiffe nicht gebaut.“ Dieses Zitat begleitet mich seither durch mein Leben. Ohne Mut, Vertrauen und Ausprobieren gibt es keine Veränderung und somit auch keine Entwicklungsschritte. Und genau darum geht es in der Erziehung. Kinder können nur wachsen, wenn wir ihnen Raum zum Ausprobieren und Lernen geben.

Der Fokus in der Blogparade von Schau-hin liegt auf Medienerziehung. Aber eigentlich ist es völlig egal, um welches Erziehungsthema es geht: Als Vater muss ich meinen Kindern Vertrauen schenken, gleichzeitig mögliche Gefahren einschätzen können und den Mut haben, loszulassen. Ganz egal, ob meine Frau und ich uns entscheiden das Babyphone auszustellen, unsere Töchter alleine mit dem Fahrrad zur Kita radeln lassen oder unseren Kindern ein eigenes Tablet schenken; überall lauern Gefahren aber auch Chancen und positive Erlebnisse.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten ganz analogen Sprung meiner fünfjährigen Tochter vom zwei Meter hohen Kletterturm. Ich war mir sicher, sie kann das. Warum? Weil wir gemeinsam gewachsen sind. Sie hat sich von Spielplatzbesuch zu Spielplatzbesuch immer mehr zugetraut, ist von immer höheren Stellen gesprungen und ihr Selbstbewusstsein ist Stück für Stück mitgewachsen. Gleichzeitig bekam ich mit jedem Sprung mehr und mehr Vertrauen und die Erkenntnis, ja sie kann das und ja sie kennt ihre Grenzen.

Kinder müssen positive Erfahrungen sammeln

Genau darum geht es meiner Meinung nach auch in der Medienerziehung. Kindern das Sammeln positiver Erfahrungen und das Entwickeln eigener Kompetenzen zu ermöglichen. Das gelingt aber nicht im Reagenzglas. Dafür braucht es das echte Leben und einen Vertrauensvorschuss. Zu viel Vorschuss kann aber auch schnell überfordern. Daher ist es meine Aufgabe das Übungsfeld für meine Kinder so zu gestalten, dass sie in jedem Alter positive Lernerfahrungen sammeln und stolz auf sich und ihre Fähigkeiten sein können.

Keine ganz so leichte Aufgabe. Um meine Kinder in der digitalen Welt begleiten zu können muss ich mir meiner Vorbildfunktion bewusst sein. Auch bei uns in der Familie sind die digitalen Medien überall präsent. Unsere Töchter erleben Eltern, die regelmäßig am Laptop sitzen, ständig PDFs auf dem Tablet lesen, die Musik über die Wlan-Box hören oder abends einen Film streamen. Unsere komplette Kommunikation läuft digital ab. Wir skypen regelmäßig mit den Omas und Opas, führen digital unsere Einkaufsliste und Verabreden uns über Messenger. Unsere Kinder sind immer mittendrin.

Noch geht es bei unseren Kindern „nur“ um Spieleapps, Medienzeit und Videos. Am Horizont lässt sich aber schon erahnen, was in den nächsten Jahren alles auf uns zukommen könnte. Aktuell ist bei uns die Medienzeit unsere maximale Herausforderung. Trotz vorheriger Absprachen und Wecker stellen kommt es immer wieder zu kleineren und größeren Wutanfällen. Da mussten wir das Übungsfeld schon mehrfach wieder etwas eingrenzen. Aber gleichzeitig gibt es Beispiele, da gehen die Mädchen sehr verantwortungsvoll mit den digitalen Tools um und wir können guten Herzens das Übungsfeld erweitern.

Wie behalte ich einen Einblick in die digitale Welt?

Eine der großen Herausforderungen für uns Eltern in der Medienerziehung sind meiner Meinung nach die ständigen digitalen Veränderungen. Hier eine neue App, dort eine neue Spielkonsole, da eine neue Kommunikationsplattform. Wie kann ich am Ball bleiben und mitbekommen, was in der digitalen Lebenswelt meiner Kinder los ist? Es gibt für sie so viel Wunderbares zu entdecken aber gleichzeitig auch so viele Herausforderungen, die ihnen im digitalen über den Weg laufen können.

Ich kann mich über Neuigkeiten, Trends, Phänomen und Gefahren in der digitalen Welt informieren. Das geht wunderbar auf Seiten wie schau-hin.info, handysektor, klicksafe oder Gutes Aufwachsen mit Medien. Gleichzeitig kann ich mich an die wahren Expertinnen wenden, meine Töchter: mir ihre digitale Lebenswelt von ihnen zeigen lassen, gemeinsam die digitale Welt erkunden, sie bezüglich Gefahren und Herausforderungen sensibilisieren und mit ihnen über ihre Erfahrungen und Erlebnisse sprechen.

Klar, je älter sie werden, umso weniger werden sie mich vermutlich an ihrer Lebenswelt teilhaben lassen. Aber wenn meine Töchter in den nächsten Jahren erleben, dass ich wirklich Interesse an ihrer digitalen Lebenswelt habe und mir es nicht um Verbote, Kontrolle und Verteufelung geht, vielleicht geben sie mir das Vertrauen zurück, das ich ihnen bis dahin entgegengebracht habe.

Ohne Vertrauen keine Eigenständigkeit

In der Medienerziehung ist es wie überall in der Erziehung. Irgendwann müssen wir Eltern loslassen. Um zum Zitat vom Anfang zurückzukehren: Wenn wir unsere Töchter bis zur Volljährigkeit im Hafen lassen, wie sollen sie sich dann auf den Weltmeeren zurechtfinden?

Ich jedenfalls habe keine Lust, in zwanzig Jahren meine Töchter täglich in ihren WG-Zimmern zu besuchen und zu kontrollieren, ob sie sich an die abgesprochenen Medienzeiten halten.

Weitere Beitrage zu digitalen Medien: Kinderfotos im Netz und Voll analog und doch nicht doof

Klopf, klopf, die Eingewöhnung steht vor der Tür!

Am letzten Dienstag hatte wir Besuch. Zwei Erzieherinnen aus Lilas zukünftiger Kitagruppe wollten Lila und uns Eltern kennenlernen. Was ich eine schöne Idee finde. Es war der erste Termin nur für Lila, rechnet man die Arztbesuche mal raus. Eigentlich ein Termin wie jeder andere, dachte ich jedenfalls. Bis die beiden Kita-Mitarbeiterinnen vor der Haustür standen.

Der Tiger freute sich riesig über den Besuch, waren beide in den ersten zwei Jahren doch auch ihre Erzieherinnen . Und da Lila alles toll findet was ihre große Schwester mag, war das Eis zwischen ihr und den beiden Frauen direkt gebrochen. Das zu sehen und mitzubekommen war für uns Eltern eine große Erleichterung.

Und plötzlich wurde das Gespräch für mich sehr emotional (für mein Herzblatt übrigens auch). Gerade hatten wir noch zugesehen, wie Lila den Erzieherinnen ihr Spielzeug zeigt und uns die Informationen über die Kita angehört, als aus dem Nichts die Frage aller Fragen kam: „Und wann sollen wir mit der Eingewöhnung starten?“

Unter anderem wegen genau dieser Frage sind die beiden Erzieherinnen zu Besuch. Schon klar. Aber irgendwie hatte ich die Fragen dann doch verdrängt oder einfach nicht darüber nachgedacht. Mein Herz und Kopf fing an zu arbeiten. Wörter wie Loslassen – Abschied – Vertrauen – Verantwortung und Neustart tauchten im Gehirn auf.

Mit dem Start in die Fremdbetreuung wird aus dem Baby ein Kleinkind bzw. ein Babykleinkind 😉 Wir Eltern haben vermutlich viel größere Schwierigkeiten mit dem Loslassen als unsere Kinder. Nur gut, dass ich schon einmal die Eingewöhnung mit dem Tiger gemacht habe und sie gut funktioniert hat. Das beruhigt. Unsere Lila wird das schon machen, daran habe ich überhaupt keine Zweifel. Und trotzdem, wir Eltern waren in den letzten 14 Monaten immer ganz nah an Lila dran und haben lückenlos jeden Entwicklungsschritt miterlebt. Davon heißt es jetzt Abschied nehmen. Auch wenn wir eng mit den Erzieherinnen im Austausch stehen, ab jetzt trennen sich für ein paar Stunden unsere Wege. Und nachmittags öffnen wir dann wieder die Tür für unsere gemeinsame Familienzeit.

Die Entscheidung, bis wann bleibt Mama oder Papa beim Kind bzw. mit welchem Alter beginnt die Fremdbetreuung, führt ja nicht selten zu emotional geführten Diskussionen. Letztendlich muss jede Familie für sich entscheiden wann für sie der Moment gekommen ist. Passend wird vermutlich kein Zeitpunkt sein. Für meine Herzdame und mich war immer klar, wir wollen beide relativ schnell wieder arbeiten und für unsere Kinder eine gute Betreuung.

Die Entscheidung, den Tiger mit einem Jahr in die U3-Betreuung zu geben, haben wir damals lange und gut überlegt. Sollte es eine Tagesmutter, eine Elterninitiative oder eine Kita sein? Wir haben uns für eine große Kita mit U3-Bereich entschieden (Wenn man ganz ehrlich ist, so groß ist der Spielraum zumindest in Münster nicht, oft muss das genommen werden, was angeboten wird). Wir hatten Glück und sind bis heute mit unserer Entscheidung sehr zufrieden. Der Tiger ging vom ersten Tag an (nach der Eingewöhnung) gerne in ihre Gruppe. Und das ist bis heute so.

Daher gab es aktuell bei Lila keine großen Diskussionen mehr. Klar, jedes Kind tickt anders und deshalb werden wir genau schauen welche Signale uns Lila sendet. Unser aktueller Plan sieht so aus, dass ich jeden Morgen die Kinder gegen kurz vor neun zur Kita bringe und mein Herzblatt und ich sie abwechselnd nachmittags abholen. Anschließend ist bis zum Abendbrot gemeinsame Spielzeit . Meine Herzdame arbeitet voll, ich habe Stunden reduziert, um in Abwesenheit der Kinder den Haushalt, die Wäsche und den Einkauf zu erledigen.

Für mich heißt es jetzt Abschied nehmen. Abschied von einer wunderschönen Zeit. Fremdbetreuung hat immer etwas mit Vertrauen zu tun. Mein Herzblatt und ich haben Vertrauen. Tschüß Elternzeit, willkommen Kita!