Schlagwort: U3

Was, du gibst dein Kind schon in die Kita?

Montag ist ein besonderer Tag. Unsere Tochter Lila kommt mit knapp 14 Monaten in die Kita. Eigentlich ein einfacher Satz, in wenigen Sekunden ausgesprochen. Aber so einfach sind diese neun Wörter und zwei Zahlen dann doch nicht. Jedenfalls nicht, wenn man den Satz außerhalb der eigenen vier Wänden ausspricht.

In unserer Gesellschaft gibt es zwei große Fraktionen. Fraktion A sind die: Oh mein Gott! Vor dem dritten Geburtstag in die Kita? Das geht gar nicht! Eltern (in der Regel sind damit die Mütter gemeint) kümmern sich selbstverständlich bis zum dritten Geburtstag um ihre Kinder. Zu dieser Gruppe gehören Mütter und Väter, die sich in den letzten 50 Jahren genau dafür entschieden haben. Und wenn man sich einmal festgelegt hat, dann muss das auch der richtige Weg sein. Ansonsten müsste man ja das eigenen Handeln überdenken. Nein, lieber nicht. Also alle anderen Entscheidungsmöglichkeiten ablehnen oder negativ bewerten.

In der Fraktion B finden sich überwiegend jüngere Eltern, deren Kinder selbst zu Tagesmüttern/Vätern oder in die Kita gehen bzw. gegangen sind. Sie stehen der Fremdbetreuung positiv(er) gegenüber. So positiv, dass nicht wenige U3-Beführworter*Innen alle Eltern schräg anschauen, die ihre Kinder bis zum dritten Geburtstag zu Hause betreuen. Auch hier: meine Entscheidung ist die Richtige, alle anderen Wege MÜSSEN einfach falsch sein…

Es ist schon erstaunlich wie emotional das Thema Kinderbetreuung U3 in unserer Gesellschaft diskutiert wird. Wir haben entschieden Lila in die Fremdbetreuung zu geben. Wir gehören somit zur Fraktion B. Jetzt werden wir von Eltern der Fraktion A immer wieder gefragt: „Mein Gott ist die noch klein! Seid ihr euch wirklich sicher?“ „Ist es nicht noch VIEL zu früh für die Kita?“ „Dass ihr die einfach so abgeben könnt! Habt ihr euch das gut überlegt?“ „Meint ihr nicht auch, das eure Tochter durch die Kita emotionale Probleme bekommt?“ „Also ich könnte das auf keinen Fall!“ „Müsst ihr wirklich beide wieder arbeiten? Muss das sein?“

Noch missbilligender werden die Blicke wenn wir die Stundenzahl nennen, die wir „gebucht“ haben: „45 Stunden! Oh Gott! Das ist ja mehr als eine ganze Arbeitswoche von uns Erwachsenen.“ „Da kann es doch nur zu emotionalen Störungen kommen.“ „Wollt ihr das WIRKLICH riskieren?“ Dass wir die Stunden gar nicht komplett nutzen werden hat bislang noch niemanden interessiert.

An all diese Angstmacher*Innen und emotionalen Erpresser*Innen: Ja, wir haben es uns gut überlegt. Und ja, es fällt uns nicht leicht die kleine Maus schon in „fremde“ Hände zu geben. Wir haben aber Vertrauen! Vertrauen in die Erzieherinnen der Kita, die unsere Tochter gut im Blick haben werden! Und wir haben Vertrauen in uns, dass wir die kleinen Feinzeichen wahrnehmen, sollte es Lila zu schnell gehen oder ihr die Zeit ohne ihre Schwester und uns Eltern zu lang werden. Pauschale Äußerungen und Bemerkungen kann jeder! Sich aber einmal in Eltern hineinversetzten, die gerade für sich die emotional schwierige Entscheidung getroffen haben, ihr Kind in fremde Hände zu geben, ist dann scheinbar doch nicht ganz so einfach.

Und all den Menschen aus Fraktion A sei gesagt, die ständigen Erklärungsversuche und Rechtfertigungen führen nicht dazu, dass wir unsere Tochter mit einem besseren Gefühl loslassen können. NEIN, ganz im Gegenteil!

Es ist noch lange nicht Weihnachten, ich weiß. Trotzdem: Wofür Eltern sich auch entscheiden – ob sie ihr Kind Zuhause betreuen oder das Kind in eine Fremdbetreuung geht – ich wünsche mir, dass nicht jeder zum Thema U3 (pro oder contra) ungefragt seine persönliche Meinung sagt und – viel schlimmer – mit missionarischem Eifer versucht Andersdenkende von seiner eigenen Sichtweise zu überzeugen. Es ist und bliebt eine Entscheidung von uns, den Eltern unserer Kinder. Eine gute Frage wäre viel mehr: Wie können wir euch unterstützen, damit die getroffene Entscheidung für euch und eure Kinder die Richtige ist?

Klopf, klopf, die Eingewöhnung steht vor der Tür!

Am letzten Dienstag hatte wir Besuch. Zwei Erzieherinnen aus Lilas zukünftiger Kitagruppe wollten Lila und uns Eltern kennenlernen. Was ich eine schöne Idee finde. Es war der erste Termin nur für Lila, rechnet man die Arztbesuche mal raus. Eigentlich ein Termin wie jeder andere, dachte ich jedenfalls. Bis die beiden Kita-Mitarbeiterinnen vor der Haustür standen.

Der Tiger freute sich riesig über den Besuch, waren beide in den ersten zwei Jahren doch auch ihre Erzieherinnen . Und da Lila alles toll findet was ihre große Schwester mag, war das Eis zwischen ihr und den beiden Frauen direkt gebrochen. Das zu sehen und mitzubekommen war für uns Eltern eine große Erleichterung.

Und plötzlich wurde das Gespräch für mich sehr emotional (für mein Herzblatt übrigens auch). Gerade hatten wir noch zugesehen, wie Lila den Erzieherinnen ihr Spielzeug zeigt und uns die Informationen über die Kita angehört, als aus dem Nichts die Frage aller Fragen kam: „Und wann sollen wir mit der Eingewöhnung starten?“

Unter anderem wegen genau dieser Frage sind die beiden Erzieherinnen zu Besuch. Schon klar. Aber irgendwie hatte ich die Fragen dann doch verdrängt oder einfach nicht darüber nachgedacht. Mein Herz und Kopf fing an zu arbeiten. Wörter wie Loslassen – Abschied – Vertrauen – Verantwortung und Neustart tauchten im Gehirn auf.

Mit dem Start in die Fremdbetreuung wird aus dem Baby ein Kleinkind bzw. ein Babykleinkind 😉 Wir Eltern haben vermutlich viel größere Schwierigkeiten mit dem Loslassen als unsere Kinder. Nur gut, dass ich schon einmal die Eingewöhnung mit dem Tiger gemacht habe und sie gut funktioniert hat. Das beruhigt. Unsere Lila wird das schon machen, daran habe ich überhaupt keine Zweifel. Und trotzdem, wir Eltern waren in den letzten 14 Monaten immer ganz nah an Lila dran und haben lückenlos jeden Entwicklungsschritt miterlebt. Davon heißt es jetzt Abschied nehmen. Auch wenn wir eng mit den Erzieherinnen im Austausch stehen, ab jetzt trennen sich für ein paar Stunden unsere Wege. Und nachmittags öffnen wir dann wieder die Tür für unsere gemeinsame Familienzeit.

Die Entscheidung, bis wann bleibt Mama oder Papa beim Kind bzw. mit welchem Alter beginnt die Fremdbetreuung, führt ja nicht selten zu emotional geführten Diskussionen. Letztendlich muss jede Familie für sich entscheiden wann für sie der Moment gekommen ist. Passend wird vermutlich kein Zeitpunkt sein. Für meine Herzdame und mich war immer klar, wir wollen beide relativ schnell wieder arbeiten und für unsere Kinder eine gute Betreuung.

Die Entscheidung, den Tiger mit einem Jahr in die U3-Betreuung zu geben, haben wir damals lange und gut überlegt. Sollte es eine Tagesmutter, eine Elterninitiative oder eine Kita sein? Wir haben uns für eine große Kita mit U3-Bereich entschieden (Wenn man ganz ehrlich ist, so groß ist der Spielraum zumindest in Münster nicht, oft muss das genommen werden, was angeboten wird). Wir hatten Glück und sind bis heute mit unserer Entscheidung sehr zufrieden. Der Tiger ging vom ersten Tag an (nach der Eingewöhnung) gerne in ihre Gruppe. Und das ist bis heute so.

Daher gab es aktuell bei Lila keine großen Diskussionen mehr. Klar, jedes Kind tickt anders und deshalb werden wir genau schauen welche Signale uns Lila sendet. Unser aktueller Plan sieht so aus, dass ich jeden Morgen die Kinder gegen kurz vor neun zur Kita bringe und mein Herzblatt und ich sie abwechselnd nachmittags abholen. Anschließend ist bis zum Abendbrot gemeinsame Spielzeit . Meine Herzdame arbeitet voll, ich habe Stunden reduziert, um in Abwesenheit der Kinder den Haushalt, die Wäsche und den Einkauf zu erledigen.

Für mich heißt es jetzt Abschied nehmen. Abschied von einer wunderschönen Zeit. Fremdbetreuung hat immer etwas mit Vertrauen zu tun. Mein Herzblatt und ich haben Vertrauen. Tschüß Elternzeit, willkommen Kita!