Schlagwort: Kinder

Voll analog und doch nicht doof – Kinder und Medien

Bunter Stapelturm umgefallen

In regelmäßigen Abständen liegen Prospekte mit Kinderspielzeug in unserem Briefkasten. Geht es nach der Spielzeugindustrie dann wünschen sich schon Babys einen Lerncomputer oder ein erstes Smartphone. Und die lieben Kleinen sollen ja nicht mit den Geräten daddeln oder so, nein sie fördern die kindliche Entwicklung und sind deshalb pädagogisch wertvoll! Behauptet jedenfalls die Werbeindustrie. Welche Eltern sagen da noch nein, wenn es doch um die optimale Förderung ihrer Kinder geht. Bloß nicht, dass die lieben Kleinen den Anschluss verpassen.

Aber ist das wirklich so? Brauchen schon Wickelkinder ein Tablet auf dem Schoß oder ein Smartphone in der Hand? Und was hat das Ganze mit uns Eltern zu tun? Darum geht es in meiner mehrteiligen Themenreihe Kinder und Medien, die heute startet.

Schön der Reihe nach!

Alle reden von Medienkompetenz. Kinder sollen und müssen eine eigene Handlungskompetenz im Umgang mit den digitalen Medien erlangen. Stimmt! Aber müssen Kinder unter drei unbedingt schon digitale Kompetenzen entwickeln? Nein! Für sie geht es eigentlich um etwas ganz anderes – um die Entwicklung ihrer eigenen „analogen“ Kompetenzen.

Beispiel: Wir Eltern füttern unsere neugeborenen Kinder nach der Geburt ja auch nicht gleich mit Chilli con Carne. Nein, natürlich nicht! Vielmehr werden unsere Kinder zu Beginn gestillt oder bekommen die Flasche. Erst nach Monaten oder gar Jahren wird ihr Verdauungssystem ganz behutsam an Gemüse, Obst, Fleisch und Gewürze gewöhnt.

Oder ein anderes Beispiel: Kein Mensch käme auf die Idee, seiner zweijährigen Tochter den Autoschlüssel in die Hand zu drücken, ihr beim Anschnallen zu helfen und der jungen Autofahrerin noch ein „Aber bitte nicht so schnell!“ hinterher zu rufen. Nein, vorher gibt es noch ein paar andere Fahrzeuge, mit denen Kindern die sichere Teilnahme am Straßenverkehr erlernen müssen.

Keine digitalen Medien unter Drei*

Was ich damit sagen will, in den ersten drei Lebensjahre brauchen Kinder noch keine digitalen Medien. Warum? Kinder müssen ganz in Ruhe eine Vielzahl sensomotorischer Erfahrungen sammeln, damit sie später das Tablet oder Smartphone „gesund“ nutzen können.

*Für mich gibt es ein paar Ausnahmen: wenn via Skype/Facetime Kontakt zu wichtigen Beziehungspersonen gehalten wird, wenn Familien gemeinsam Fotos anschauen und/oder wenn Eltern ihren Kindern E-Bilderbücher via Smartphone/Tablet vorlesen. Dann sage ich gerne  ja zu Bildschirmmedien unter Drei.

Fragt man übrigens Entwicklungspsychologen und Medienpädagogen, dann hört man ganz unterschiedliche Einschätzungen ab wann Kinder überhaupt digitale Medien nutzen sollten. Reden die Medienpädagogen vom sogenannten Kindergartenalter (ab drei Jahre), sprechen die führenden Entwicklungspsychologen von Mitte der Grundschule. Aber bei einer Aussage sind sie alle einer Meinung: keine digitalen Medien unter drei.

Die Wichtigkeit der sensomotorischen Entwicklung bei Kindern unter Drei

Zurück zu den senomotorischen Erfahrungen. Babys und Kleinkinder begreifen ihre Welt durch Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Tasten und durch den Dreh-, Schwerkraft- und Eigenbewegungssinn.

Wie sich ein Waschlappen anfühlt, ein Holzstück schmeckt, ein Schafsfell riecht, welche Geräusche eine Rassel von sich gibt, alles vielfältige Sinneserfahrungen, die sich sofort im Gehirn nieder schlagen.

Das Gleiche gilt für Bewegungserfahrungen. Wenn ich meine Hand öffne, fällt der Inhalt einfach zu Boden, ich muss nichts weiter dafür tun. Oder wenn ich einen Gegenstand greifen möchte, der auf der anderen Seite des Raumes liegt, muss ich meinen Körper bewegen können, egal ob durch Robben, Rutschen, Krabbeln oder Laufen.

Das Material für diese Lernerfahrungen muss noch nicht mal pädagogisch wertvoll sein. Ob Schwamm, Klopapierrolle,  Tuperdose, Kochlöffel, Luftballon, Wollknäuel, Feder, Knisterpapier, Rasierschaum in der Badewanne oder Joghurtbecher, die man stapeln kann. Alles wunderbare Materialen zum Begreifen der Welt.

Nehmen wir mal den Rasierschaum in der Badewanne. Wie sich der Schaum anfühlt, so schön schmierig und glitschig, wie soll das ein Youtube-Video auf dem Smartphone oder Tablet simulieren? Keine Chance. Diese Sinneserfahrung kann man nicht digital erfahrbar machen (jedenfalls heute noch nicht 😉 ).

Aber genau Dank solcher Erlebnisse lernen Kinder die vielfältigen Sinnes- und Bewegungserfahrungen zu verknüpfen. Und deshalb haben digitale Medien ihre Zeit. Erst müssen Kinder die reale Welt verstehen und die Welt angefasst haben. Dadurch bauen sie ihre eigene starke Innenwelt auf. Nur so können sie mündige Mediennutzer werden, die später selbstbestimmt ihre eigene Mediennutzung steuern können.

Noch einen Satz zu mir: ich liebe digitale Medien, bin nicht selten zu oft und zu lange in der digitalen Welt und freue mich schon riesig auf die ersten gemeinsamen Wimmel- und Spieleapp-Nachmittage mit beiden Kindern. Mit dem Tiger (*2013) spiele ich nun seit knapp einem Jahr verschiedene Apps. Lila (*2016) darf noch nicht. Aber dazu demnächst mehr …

Vorschau auf den zweiten Teil der Reihe Kinder und Medien

Im März folgt der zweite Teil der Reihe „Kinder und Medien“. Dann geht es um den Spracherwerb, die Entwicklung der Kreativität, das Aushalten von Langeweile und das Entwickeln der Frustrationstoleranz.

Mit dem Thema Kinder und Medien haben sich vor mir natürlich auch schon andere Blogger*innen befasst. Es gibt ja auch nicht die richtige Meinung, ist ja auch ein weites Feld 😉 Hier vier Leseempfehlungen:  familiert, mitkinderaugen, Zwillingswelten, Münstermama

Lieblingskind – darf ich ein Kind besonders lieben?

Kind Nummer 1

Wenn ich Familien auf dem Spielplatz oder beim Einkaufen beobachte, stelle ich immer wieder fest wie unterschiedlich Geschwister doch (meistens) sind. Da gibt es das mutige Mädchen, das auf das höchste Spielgerüst klettert; den schüchternen Jungen, der immer in der Nähe seiner Eltern bleibt; Geschwister, die stundenlang ohne Streitigkeiten zusammen im Sandkasten spielen und Geschwister, die ohne Mama oder Papa als Streitschlichter nicht einmal fünf Minuten zusammen im Fahrradanhänger sitzen können.

Dabei sind sie eng verwandt – enger geht es nur als eineiige Zwillinge – werden ähnlich erzogen und sind trotzdem (oft) so verschieden. Was, wenn uns der Sohn an eine Person erinnert, die wir absolut nicht ausstehen können oder wir die Wesensart der Tochter nicht mögen? Können wir überhaupt zwei Kinder mit derselben Inbrunst lieben? Können wir unsere Kinder gleichberechtig behandeln?

Was, wenn ich meine Tochter voll doof finde?

Während der ersten Schwangerschaft meiner Frau hatte ich viele Ängste. Wird alles gut gehen? Bekommen wir ein gesundes Kind? Wie werde ich als Vater sein? Schaffe ich das alles? Und, die Angst meine Tochter im Arm zu halten und sie nicht zu lieben. Was, wenn ich meine Tochter voll doof finde und die Chemie zwischen uns einfach nicht passt?

Allerdings hatte ich die Rechnung ohne Mutter Natur gemacht. Dieses unbeschreibliche Glücksgefühl, welches direkt nach der Geburt durch meinen ganzen Körper strömte, das war Vaterliebe pur. Wir hatten sofort eine besondere Verbindung. Weil meine Frau nach dem Kaiserschnitt noch im OP bleiben musste, bekam ich den Tiger auf meine Brust. Was für ein phantastisches Feuerwerk der Gefühle! Da lag sie, in Handtüchern gewickelt und innerhalb von Sekunden fand sie den Weg in mein Herz.

Zweieinhalb Jahre gab es nur uns. Meine Frau, den Tiger und mich. Hunderte besonderer Momente und Augenblicke: Das erste Lachen, die erste Drehung, der erste Zahn, … all diese besonderen Milestones im Leben unserer Tochter.

Die Angst kehrt zurück

In der zweiten Schwangerschaft kehrten die Ängste zurück. Und mit ihnen eine neue Befürchtung: Habe ich genug Liebe für zwei Kinder? Kann ich ein zweites Kind so lieben wie den Tiger? Und, was ist wenn ich das Kind plötzlich mehr liebe als meine Große?

Seit April 2016 sind wir zu viert. Und auch bei der Geburt von Lila hat mich Mutter Natur nicht im Stich gelassen. Kaum hatte ich meine Tochter zum ersten Mal erblickt, war die Liebe auch schon da. Aber wie ist es mit der Angst, ob ich zwei Kinder gleichberechtigt lieben kann? Empfinde ich wirklich für beide Töchter die gleichen Emotionen? Oder muss ich mir eingestehen, dass ich ein Lieblingskind habe?

Habe ich wirklich ein Lieblingskind?

Fakt ist, ich liebe beiden Töchter über alles. Den Tiger seit über 4,5 Jahren und Lila seit knapp zwei Jahren. Nach dieser Rechnung haben meine ältere Tochter und ich 2,5 Jahre Vorsprung, um eine feste Bindung aufzubauen. Empfinde ich deshalb mehr für sie? Oder hat sich Lila in meinem Herzen mehr ausgebreitet, weil sie noch so klein und niedlich ist und genau weiß, wie sie Papa anschauen muss?

Fakt ist auch, dass ich mit beiden Kindern unterschiedliche Erlebnisse und Gefühle verbinde. Erlebnisse, die meine Beziehung zu der jeweiligen Tochter prägen bzw. geprägt haben. So habe  ich mit dem Tiger alles zum ersten Mal erlebt. Dafür hatte ich bei Lila schon etwas Routine und konnte einige dieser Momente intensiver in mich aufsaugen.

Und nicht zu vergessen, beide haben ihren ganz eigenen Charakter. Einige Wesenszüge kommen mir bekannt vor 😉 einige sind mir völlig fremd.

Durch das Alter ergeben sich Unterschiede

Und trotzdem behaupte ich von mir, dass ich beide Kinder gleich behandele. Also meistens jedenfalls. Aber alleine durch das jeweilige Alter (auch wenn es „nur“ 2,5 Jahre sind) ergeben sich Unterschiede. Die sind nicht gravierend aber sie sind da. Beispielsweise erwarte ich von der Großen, dass sie den Wunsch, gemeinsam ein Buch anzuschauen, auch mal aufschieben kann bis ich Zeit für sie habe. Bei der Jüngeren reagiere ich in der Regel schneller, von ihr erwarte ich noch nicht, dass sie länger abwarten kann, bis ich Zeit für sie habe.

Oder ganz praktisch: der Tiger kann – wenn sie will – in wenigen Sekunden ihre Jacke anziehen. Wenn ich das von Lila erwarten würde, wäre es für sie aktuell eine Überforderung. Also ja, ich behandele meine Kinder unterschiedlich, was aber nicht heißt, dass ich für beide Kinder nicht die gleichen Gefühle habe. Meistens jedenfalls. Denn es gibt auch Momente, da spüre ich mehr Nähe zu einer meiner beiden Töchter.

Ja, ich habe ein Lieblingskind – manchmal

Wie das kommt? Oft sind es Verhaltensweisen von einem der Kinder, die über Tage anhalten und mich emotional anstrengen. Beispielsweise wenn eine der beiden auf meine Ansprache nicht reagiert bzw. genau das Gegenteil von dem macht, was ich gerade gesagt habe. Hält dieses Verhalten länger an, dann bin ich genervt. Und wenn dann die andere genau in dem Moment auf ein „Stop“ oder „bitte warten“ hört, ja dann habe ich – für eine kurze Zeit – ein Lieblingskind.

Und kennt nicht jede/r von uns, der/die mit einem oder mehreren Geschwistern aufgewachsen ist, das Gefühl den Lieblingskind-Pokal in den Händen zu halten oder eben leer auszugehen. Wenn sich beide Emotionen die Waage halten, dann ist meiner Meinung nach das Optimum erreicht. Eltern können nicht dauerhaft ihre Liebe, Anerkennung, Zeit, Aufmerksamkeit, usw. exakt 50 zu 50 verteilen.

Ich jedenfalls würde mich freuen, wenn meine Kinder in 20 Jahren sagen: „Mama und Papa lieben uns von Herzen und ja, ab und an war ich das Lieblingskind und ja, ab und an war es meine Schwester.“

Was, du gibst dein Kind schon in die Kita?

Montag ist ein besonderer Tag. Unsere Tochter Lila kommt mit knapp 14 Monaten in die Kita. Eigentlich ein einfacher Satz, in wenigen Sekunden ausgesprochen. Aber so einfach sind diese neun Wörter und zwei Zahlen dann doch nicht. Jedenfalls nicht, wenn man den Satz außerhalb der eigenen vier Wänden ausspricht.

In unserer Gesellschaft gibt es zwei große Fraktionen. Fraktion A sind die: Oh mein Gott! Vor dem dritten Geburtstag in die Kita? Das geht gar nicht! Eltern (in der Regel sind damit die Mütter gemeint) kümmern sich selbstverständlich bis zum dritten Geburtstag um ihre Kinder. Zu dieser Gruppe gehören Mütter und Väter, die sich in den letzten 50 Jahren genau dafür entschieden haben. Und wenn man sich einmal festgelegt hat, dann muss das auch der richtige Weg sein. Ansonsten müsste man ja das eigenen Handeln überdenken. Nein, lieber nicht. Also alle anderen Entscheidungsmöglichkeiten ablehnen oder negativ bewerten.

In der Fraktion B finden sich überwiegend jüngere Eltern, deren Kinder selbst zu Tagesmüttern/Vätern oder in die Kita gehen bzw. gegangen sind. Sie stehen der Fremdbetreuung positiv(er) gegenüber. So positiv, dass nicht wenige U3-Beführworter*Innen alle Eltern schräg anschauen, die ihre Kinder bis zum dritten Geburtstag zu Hause betreuen. Auch hier: meine Entscheidung ist die Richtige, alle anderen Wege MÜSSEN einfach falsch sein…

Es ist schon erstaunlich wie emotional das Thema Kinderbetreuung U3 in unserer Gesellschaft diskutiert wird. Wir haben entschieden Lila in die Fremdbetreuung zu geben. Wir gehören somit zur Fraktion B. Jetzt werden wir von Eltern der Fraktion A immer wieder gefragt: „Mein Gott ist die noch klein! Seid ihr euch wirklich sicher?“ „Ist es nicht noch VIEL zu früh für die Kita?“ „Dass ihr die einfach so abgeben könnt! Habt ihr euch das gut überlegt?“ „Meint ihr nicht auch, das eure Tochter durch die Kita emotionale Probleme bekommt?“ „Also ich könnte das auf keinen Fall!“ „Müsst ihr wirklich beide wieder arbeiten? Muss das sein?“

Noch missbilligender werden die Blicke wenn wir die Stundenzahl nennen, die wir „gebucht“ haben: „45 Stunden! Oh Gott! Das ist ja mehr als eine ganze Arbeitswoche von uns Erwachsenen.“ „Da kann es doch nur zu emotionalen Störungen kommen.“ „Wollt ihr das WIRKLICH riskieren?“ Dass wir die Stunden gar nicht komplett nutzen werden hat bislang noch niemanden interessiert.

An all diese Angstmacher*Innen und emotionalen Erpresser*Innen: Ja, wir haben es uns gut überlegt. Und ja, es fällt uns nicht leicht die kleine Maus schon in „fremde“ Hände zu geben. Wir haben aber Vertrauen! Vertrauen in die Erzieherinnen der Kita, die unsere Tochter gut im Blick haben werden! Und wir haben Vertrauen in uns, dass wir die kleinen Feinzeichen wahrnehmen, sollte es Lila zu schnell gehen oder ihr die Zeit ohne ihre Schwester und uns Eltern zu lang werden. Pauschale Äußerungen und Bemerkungen kann jeder! Sich aber einmal in Eltern hineinversetzten, die gerade für sich die emotional schwierige Entscheidung getroffen haben, ihr Kind in fremde Hände zu geben, ist dann scheinbar doch nicht ganz so einfach.

Und all den Menschen aus Fraktion A sei gesagt, die ständigen Erklärungsversuche und Rechtfertigungen führen nicht dazu, dass wir unsere Tochter mit einem besseren Gefühl loslassen können. NEIN, ganz im Gegenteil!

Es ist noch lange nicht Weihnachten, ich weiß. Trotzdem: Wofür Eltern sich auch entscheiden – ob sie ihr Kind Zuhause betreuen oder das Kind in eine Fremdbetreuung geht – ich wünsche mir, dass nicht jeder zum Thema U3 (pro oder contra) ungefragt seine persönliche Meinung sagt und – viel schlimmer – mit missionarischem Eifer versucht Andersdenkende von seiner eigenen Sichtweise zu überzeugen. Es ist und bliebt eine Entscheidung von uns, den Eltern unserer Kinder. Eine gute Frage wäre viel mehr: Wie können wir euch unterstützen, damit die getroffene Entscheidung für euch und eure Kinder die Richtige ist?

Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit

Elternzeit öffnet Türen. Eine Blogparade.

Seit vier Monaten bin ich nun in meiner zweiten Elternzeit. Immer wieder werde ich gefragt ob ich meine Arbeit vermisse (ich würde wirklich gerne mal wissen, ob Mütter die Frage auch so oft gestellt bekommen). Ja, ich vermisse die Arbeit. Hauptsächlich aber aus zwei Gründen: a. hat die Arbeit immer meinen Tag strukturiert und b. vermisse ich den Kontakt zu meinen KollegInnen.

Ansonsten ist die Elternzeit der Hammer (kleine Randbemerkung: mit Ausnahme der Wäscheberge, die habe ich bis heute nicht bändigen können). Ich kann aus tiefster Überzeug nur jedem Vater raten, nehmt Elternzeit (wenn es finanziell und beruflich möglich ist)! Und nehmt ruhig auch mal mehr als die sogenannten zwei Vätermonate, die gibt es nämlich gar nicht 😉

Um zu zeigen, wie besonders Elternzeit für Väter sein kann, starte ich heute die Blogparade „Fünf gute Gründe für Papa-Elternzeit“. Vaterwelten, Stadtpapa, Papawickelt und via Instagram @papamaglila, ich bin auf eure guten Gründe gespannt.

Hier sind meine fünf guten Gründe:

1. Elternzeit öffnet für Kinder und Papa Türen:  Zwischen uns ist ein dickes Band der Liebe, der Bindung, des Vertrauens und der Geborgenheit entstanden. Dank Elternzeit bin ich nicht der Papa, der abends von der Arbeit nach Hause kommt und auch irgendwie mit zur Familie gehört. Nein, ich bin morgens, mittags, abends, nachts und zwischendurch für meine Kinder da. Ich bekomme mit, ob ein neuer Zahn im Anmarsch ist, welches neue Puzzle die Große kann, bin der super Tröster und Schmerzenwegpuster, wenn sich die Jüngste den Kopf gestoßen hat, ich war live dabei, als der Tiger seine ersten Schritte gegangen ist und bekomme ein Glücksgefühl, wenn ich morgens ins Zimmer von Lila komme, ein lautes Juchzen höre, kleine Arme sich in meine Richtung strecken und Lila sich ganz eng an meinen Hals kuschelt.

2. Elternzeit ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen: Dank der Elternzeit bekomme ich neben den glücklichen und schönen Momenten auch die anstrengenden und nervenaufreibenden Seiten der Kinderversorgung und Erziehung mit. Eben mal Frühstücken ist halt manchmal gar nicht möglich. Da kippt das Milchglas um, dort findet sich Marmelade vom Butterbrot plötzlich in den Kinderhaaren wieder. Nicht zu vergessen die ständige Habtachtstellung, wenn meine Jüngste sich an allem hochzieht was höher als 30 cm ist. Oder wenn sie mitten am Tag plötzlich über 40 Grad Fieber bekommt und ich total hilflos daneben stehe. Anstrengend wird es auch auf dem Spielplatz, wenn meine Große ein kleines Mädchen von der Schaukel schubst. Das widerspricht meinen eigenen Werten. Da bin ich als Papa gefragt und muss Grenzen setzen bzw. Konsequenzen aussprechen.

3. Womit ich zu Punkt 3 komme, die Stärkung meines Papa-Selbstvertrauen: In den Monaten habe ich gelernt, bezüglich Kindererziehung und -versorgung kann ich alles, nur nicht stillen (und Zöpfe flechten klappt noch gar nicht). In vielen Erziehungsfragen und Einstellungen sind meine Frau und ich einer Meinung, in einigen aber auch nicht. Aber das ist gar nicht schlimm, denn es klappt trotzdem.

4. Papa-Elternzeit ist für uns Eltern ein Gewinn: Was ich damit meine? Als ich in den ersten Monaten nach der Geburt von der Arbeit nach Hause kam, war ich oft müde und kaputt und wollte meine Ruhe haben. Nicht so meine Frau und meine Kinder. Die hatten „nur“ auf mich gewartet und wollten direkt mit mir spielen bzw. dass ich die Kinder übernehme. Heute ist es genau umkehrt. Ich schaue nachmittags auf die Uhr und denke, wann kommt sie denn endlich nach Hause. Und meine Frau schließt mit dem Gefühl, erst einmal eine Pause zu brauchen, die Haustür auf. Verdrehte Welten! Dank der Elternzeit habe ich jetzt Verständnis für die Situation meiner Partnerin und sie kann sich in meine hineinversetzen.

5. Runter mit dem Papaspeck: Dank der Elternzeit gibt es neben dem ganzen Wickeln, Spielen und Aufräumen genügend Zeitfenster um meinen Co-Schwangerschaftsbauch abzutrainieren. Seitdem meine Jüngste sitzen kann gehen wir gemeinsam Laufen. Also ich laufe, Lila sitzt im Jogger 😉 Und wenn sie mittags schläft, trete ich auf der Fahrradrolle meine Pfunde runter.

NEIN LASS MICH – der Nachtschreck

NEIN! FASS MICH NICHT AN!!!!!! NEIN! LASS MICH!!! Regelmäßig schreckt der Tiger nachts aus dem Schlaf auf und schreit minutenlang! Wenn ich dann zu ihr ins Zimmer komme sitzt sie in der hintersten Ecke ihres Bettes, die Augen sind auf und man könnte denken sie ist wach. Sobald ich sie aber auf den Arm nehme möchte wird das Schreien noch lauter und sie schlägt wild um sich. Ich kann dann sagen was ich will, sie erkennt mich nicht!

Beim ersten Mal war ich völlig perplex. So einen Verhalten hatte ich beim Tiger noch nie erlebt. Ich selbst war ja gerade erst aus dem Schlaf hochgeschreckt und mit der Annahme, mein Kind nur kurz trösten zu müssen, in ihr Kinderzimmer gelaufen. Aber was mich da in ihrem Zimmer erwartete, darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet. Schreien, Kreischen und Wild-um-sich-schlagen! Sie hatte große Angst; minutenlang. Ich brauchte etwas bevor ich realisierte, dass meine Tochter gar nicht wach war. Aber, was hatte sie? Vermutlich einen Nachtschreck. Spielte aber auch keine Rolle. Ich wollte ihr helfen und konnte es nicht. Egal was ich versuchte, ich kam einfach nicht an sie heran.

Mein erster Impuls war meinen Tiger zu wecken und sie so aus ihrer schrecklichen Lage zu holen. Ganz leise und ruhig habe ich sie angesprochen. Aber anstatt aufzuwachen wurde sie nur noch lauter und verkroch sie noch tiefer in ihre Ecke im Bett. Ich wollte sie auf den Arm nehmen und festhalten, damit sie sich wieder beruhigt. Völlig falsche Entscheidung. So laut habe ich meine Tochter noch nie schreien hören. Reflexartig ließ ich sie los und ging zwei Schritte nach hinten. So war zwischen uns wieder etwas Abstand.

Da stand ich nun, mitten im dunklem Kinderzimmer, nur das Notlicht leuchtete. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden. Um mich und meinen Tiger zu beruhigen setzte ich mich neben dem Bett auf einen Stuhl. Ich wartete ab, bis mein Tiger mit dem Weinen und Schreien aufhörte. Ganz ehrlich, das war super schwer auszuhalten.

Gefühlt waren es Stunden, in der Realität habe ich 20 Minuten auf dem Stuhl gewartet. Plötzlich aus dem Nichts hörte ich ein „Aua!“ von meiner Tochter. Schnell antwortete ich: „Hast du dich verletzt? Möchtest du zu mir auf den Arm kommen?“ Da war der Nachtschreck-Bann gebrochen und keine zwei Sekunden später lag der Tiger in meinen Armen. Weitere 60 Sekunden später war sie wieder eingeschlafen. Mir allerdings war dann erstmal nicht nach Schlafen zumute. Vielmehr musste ich verdauen, was da gerade alles passiert war.

Meine Tochter konnte sich am nächsten Morgen übrigens an nichts mehr erinnern, was mich extrem beruhigte. Somit hatte sie auch keine Erinnerungen an das Gefühl der Angst und der Orientierungslosigkeit während des Nachtschrecks.

Aber warum zum Henker hat meine Tochter diesen Nachtschreck überhaupt? Was genau ihn verursacht, ist bis heute überhaupt noch nicht geklärt. Laut Literatur kommt der Nachtschreck eher bei Kindern vor, die vor dem Einschlafen noch ziemlich aktiv waren. Helfen kann da eine Ruhephase vor dem Schlafengehen. Blöd nur, wenn – wie bei meiner Tochter- das Kind auf die Ruhephase pfeift und bis zur letzten Sekunde aktiv ist.

Und was ist der Nachtschreck überhaupt? Der Nachtschreck ist eine Störung des Schlafs und tritt in der Regel während der ersten Non-REM-Schlafphase (in den ersten Stunden nach dem Einschlafen) auf. Das Kind erkennt weder Mama, Papa noch die eigentlich vertraute Umgebung. Die Experten sind sich alle einig: bloß das Kind nicht versuchen zu wecken. Das klappt nicht, führt meistens nur zu einer Eskalation, so wie bei mir. Wir Eltern können während des Nachtschrecks nur eine Sache für unsere Kinder tun: aufpassen, dass sie sich nicht verletzten oder aus dem Bett fallen (mein Tiger schläft in einem Hochbett).

Woran merke ich, dass es ein Nachtschreck und kein Alptraum ist? In der akuten Situation meistens gar nicht. Eigentlich erst am nächsten Morgen. Bin nur ich fix und fertig, dann war es ein Nachtschreck. Ist der Tiger durcheinander und kann sogar von dem Traum berichten, dann war es ziemlich sicher ein Alptraum.